Suizidgedanken und Tod-der kleine Teufel auf der Schulter

Ein Blog von meinem Leben

Suizidgedanken und Tod-der kleine Teufel auf der Schulter

Der Tod begegnet uns ständig. Er ist unser täglicher Begleiter. Trotzdem schleicht er meist unbemerkt an uns vorbei. Ein Zeitungsartikel, eine Sterbeanzeige auf Facebook, eine schwarze Fahne, ein überfahrenes Tier am Straßenrand. Wir sehen diese Dinge zwar, aber wahr nehmen tun wir sie meistens nicht. Es sind eben alltägliche Situationen, wir sind daran gewohnt, es ist nichts besonderes.

Wirklich zur Realität wird der Tod erst dann, wenn es um unsere Familie, Freunde oder Bekannten geht. Wenn nämlich jemand stirbt oder tot krank ist, den wir kennen, ja dann, dann bricht Panik und Trauer aus. Unsere Sterblichkeit bekommen wir nicht gerne vor Augen gehalten. Sie macht uns schlicht und einfach Angst.

Ich habe in den letzten Jahren viel darüber nachgedacht, über das Sterben. Wenn man nämlich einen kleinen Teufel auf der Schulter sitzen hat, der einem Tag ein, Tag aus, Selbstmordgedanken ins Ohr flüstert, dann verändert sich die Sicht darauf einfach, ob man will oder nicht. Das Problem sind nicht die Todessehnsüchte an sich. Das Problem ist, dass da eben nur der kleine Teufel sitzt und flüstert. Auf der anderen Seite, der anderen Schulter gibt es niemanden, keinen Engel, keinen positiven Fürsprecher, der muss man selbst sein, wenn man es kann.

Schon in meiner Schulzeit mit ungefähr 18 Jahren hatte ich diese Gedanken. Ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie ich von Wien oft nach Niederösterreich gefahren bin und mich auf der Autobahn, wenn ich auf der ganz linken Spur gefahren bin, die Leitplanke förmlich angeschrien hat, ich sollte sie doch einfach mitnehmen, einfach dagegen fahren. Aus Selbstschutz bin ich letzten Endes immer nur noch in der Mitte gefahren. Seitdem hat dieses Geflüster nicht aufgehört. Ich habe aber gelernt mit ihnen umzugehen.

Nie habe ich auch nur einen Gedanken daran verschwendet ihm nachzugeben. Ich bin leider, oder in diesem Fall Gott sei Dank, nicht der Mensch der aufgeben kann. Ich weiß was ich will und das zieh ich so lange durch bis ich es habe, egal wie lange es dauert oder wie schwer es ist. Aufgeben war für mich noch nie eine Option, kein einziges Mal. In diesem Fall hat mir dieser Kampfgedanke in den letzten Jahrzehnten hunderte Male das Leben gerettet.

Ein kurzes Verlangen auf die Gegenfahrbahn zu fahren, wenn ein LKW entgegenkommt. Ein kleiner Gedanke mit Vollgas einfach in den nächsten Baum zu fahren. Auf einer Terrasse stehen und überlegen wie schnell der Tod wohl eintreten würde, wenn man die acht Stockwerke hinunter springen würde. Bei einem Bahnübergang die Verlockung verspüren für einen Moment auf die Gleise zu treten, wenn ein Zug kommt.

Sie sind Vielfältig. Sie sind immer präsent. Mittlerweile weiß ich, dass ich sie meiner bipolaren Störung zu verdanken habe. Der kleine Teufel ist ein Symptom davon. Unterbinden kann ich ihn nicht, nur mit ihm Leben lernen. Warum sie wirklich Auftreten, diese Gedanken, weiß ich allerdings auch nicht. Ich denke sie sind vielleicht eine Nebenerscheinung der Depressionen. Dieses Gedanke, dass alles dann einfach vorbei ist, wenn man nur kurz nachgibt, er hat einen gewissen Reiz, vor allem, wenn man mit der präsenten Situation überfordert ist.

Ein kleiner Moment und der ganze Terror im Kopf, das ganze Gefühlschaos, wäre einfach vorbei. In diesen Situationen sind diese Gedanken sehr verlockend, selbst für mich. Die Probleme nicht lösen zu müssen, die Gewissheit mit der gegenwärtigen Realität nicht mehr umgehen zu müssen, ein sehr befreiendes Gefühl, wenn man darüber nachdenkt. Es wäre zwar nichts geregelt oder geklärt aber es wäre wenigstes vorbei, einfach so.

Ich denke wir Menschen haben nicht Angst vor dem Tod selbst, sonder vor dem was danach kommt, denn was das ist, das wissen wir nicht. Außerdem gibt es da ja auch noch die Hinterblieben, die Trauern, die einen vermissen, die nicht ohne einen Leben wollen oder können. Auch die muss man wenn man über das Thema nachdenkt miteinbeziehen. Wenn wir sterben haben schließlich nicht wir das Problem, wir sind ja tot, sonder die, die bleiben, die weiter leben müssen, ohne uns.

Wir Lebenden beschäftigen uns oft auch deswegen nicht mit dem Sterben, weil es vor allem eben eines bedeutet: Ungewissheit, Hilflosigkeit, Schmerz. Drei Dinge, mit denen wir Menschen nicht gut umgehen können. Wir können den Tod nicht voraussehen, darüber nicht bestimmen, haben keine Hand in diesem Spiel. Alleine das ist etwas, womit wir nicht gerne zu tun haben. Wir haben gerne die Hände am Steuer und wollen alles lenken und im Griff haben. In diesem Fall meisten ein Ding der Unmöglichkeit. Wir können nichts tun als daneben stehen und zusehen. Trauerbewältigung ist wohl eines der schwierigsten Disziplinen, die wir Menschen ertragen müssen.

Einen kleinen Trost gibt uns dann unser Glaube. Man kann glauben woran man möchte, Gott, Allah, das Universum, oder wie auch immer man es nennen mag. Für mich ist alles das selbe, mehr oder weniger. Der Gedanke, dass der Verstorbene im Himmel, im Paradies oder sonst wo ist und er keine Schmerzen hat, beim Rest seiner, unserer Geliebten ist, dass er glücklich ist, das ist das Trostpflaster auf unserer leidenden Seele.

Wer daran glaubt, dass die Seele weiter lebt und nur der Körper bleibt, der kann vielleicht einen Funken Positives aus den großen, traurigen, unfassbaren Sehnsüchten ziehen. Die Seele des Toten ist Zuhause. Er oder sie ist nach Hause gegangen und fühlt nichts mehr als pures Glück. Ein schöner Gedanke finde ich. Genauso wie ein Zitat aus einem Film oder einer Serie, ich weiß nicht mehr genau woher. Wir wissen nicht was nach dem Tod passiert, derjenige darf es herausfinden und weiß es jetzt. Traurig und besänftigend zugleich.

Ob und wie jeder mit diesem äußerst schwierigen Thema umgeht, das bleibt jedem selbst überlassen. Jeder trauert anders, jeder kann damit anders umgehen, der eine besser, der andere schlechter, so mancher gar nicht. Ich für meinen Teil habe keine Angst vor meinem Tod. Ich stelle ihn mir nicht schlimm vor. Die einzige Angst die ich habe ist die Angst jemanden an den Sensenmann zu verlieren. Ohne jemanden leben zu müssen, der einem am Herzen liegt, das kann man nicht lernen. Es wird auch nicht leichter, man gewöhnt sich nur an das Gefühl.

Irgendwann aber werden wir alle erfahren wie es so ist, das Leben nach dem Tod, wenn denn danach noch etwas kommt. Bis dahin sollten wir alle das Leben in vollen Zügen genießen, jeden Moment auskosten. Es kann jede Sekunde unsere Letzte sein, das sollte uns immer bewusst sein. Umso wichtiger ist es in der Gegenwart zu leben, denn das ist das einzige worüber wir bestimmen können, das Hier uns Jetzt. Was morgen, in fünf Stunden oder in dreißig Sekunden sein wird, das wissen wir nicht. Was war, was wir in der Vergangenheit erlebt haben, das lässt sich nicht mehr ändern. Wir sollten uns darüber keinen Kopf zerbrechen.

Der Moment in dem wir leben, ist die einzige Sicherheit die wir haben, also lasst uns das Beste daraus machen. Das Leben ist zu wertvoll um es mit Warten, Hoffen, Bereuen oder Angst haben zu verbringen. Es gibt so viele schöne und unbeschreibliche Dinge zu erleben, so viel auszukosten. Greifen wir doch nach dem Unmöglichen und lassen wir uns vom Unerwarteten überwältigen. Was könnten wir besseres tun.

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