Die Sache mit der Sucht und ihre Auswirkungen

Ein Blog von meinem Leben

Die Sache mit der Sucht und ihre Auswirkungen

Bild von suchtinfo.sachsen.de

Es ist nicht einfach süchtig zu sein das kann ich sagen. Man ist weder frei noch kann man selbst entscheiden ob man etwas will oder nicht. Man muss es einfach haben, koste es was es wolle. Zu meinem Glück, will ich einmal behaupten, hatte ich vom Jugendalter an nie Interesse an Alkohol, Zigaretten oder Drogen. Ja, ich kann sogar behaupten, dass ich mit meinen 30 Jahren, noch nie in meinem Leben beabsichtigt einen Schluck Alkohol getrunken, noch nie eine Zigarette geraucht oder Drogen probiert habe. Vermutlich bin ich so etwas wie das letzte Einhorn was das betrifft, zumindest komme ich mir meistens so vor, wenn mich andere Leute danach fragen oder mir einen Drink anbieten wollen. Nicht, dass ich viel Zeit habe fort zu gehen oder mich in Gesellschaft anderer, Nicht- Familienmitglieder, zu begeben, doch ab und zu kommt es dann doch vor.

Was mir mit Alkohol und Co. erspart bleibt, muss ich dann auf der anderen Seite doppelt büßen, denn ich bin süchtig nach Glück, nach Glücksmomenten genauer gesagt. Ich suche unbewusst nach Dingen oder Menschen, die mir das Gefühl von Euphorie, Anerkennung und Freude geben. Sei es ein mindestens 400 Euro teurer Kauf beim großen A, oder ein Flirt mit einem attraktiven oder besser noch einflussreichen Mann (das eine hängt ja leider nicht immer mit dem anderen zusammen), oder die Neuanschaffung eines neuen Haustieres, das gerade gerettet werden muss, ich bin, oder besser gesagt war, sofort dabei. Immer. Ohne Ausnahme. Ohne zu überlegen.

Jetzt, da ich weiß, dass ich krank bin, und die Medikamente gut helfen, habe ich die ganze Sache Gott sei Dank halbwegs im Griff. Ich merke mittlerweile, dass mich eine Sache triggert, kann daher meistens schon vorher abwägen, ob ich diese Sache, das Ereignis, was auch immer es ist, wirklich möchte oder mein Körper nur nach einer neuen Dosis schreit und mich dahingehend dann dafür oder dagegen entscheiden. Ich kann darüber nachdenken und es in einen objektiven Winkel stellen mit dem Wissen um meine Krankheit, das ist der springende Punkt.

Ich meine, klar habe ich auch früher drüber nachgedacht, allerdings hat mir mein Gehirn jedes Mal eingeredet, dass ich diese Sache unbedingt bräuchte. Es versucht das übrigens bis heute immer noch, allerdings weiß ich ja nun was es wirklich möchte. Selbst wenn ich dann doch selber einmal ins zweifeln kam ob diese Sache diesmal wirklich notwendig wäre, fanden meine Gedanken eine plausible Erklärung warum ich es doch wieder machen sollte. Warum ich meinen Sehnsüchten doch wieder nachgeben sollte. Es war ja nur dieses eine Mal mehr, dann würde ich damit aufhören. Das war der Standardsatz der dann in meinem Kopf auftauchte. Ja zu diesem Zeitpunkt glaubte ich ihn sogar. Immer und immer wieder. Heute weiß ich, dass es nur der Schrei meines Körpers nach einer neuen Dosis an Glück war. Heute weiß ich, dass es die Sucht war und immer noch ist, die versucht mir eine neue Dosis Glück zu entlocken.

Das größte Problem ist wohl, dass es so unheimlich schwer ist „Nein“ zu sagen. Ich denke das fällt schon den meisten „normalen Menschen“ schwer. Doch ich bin auch noch ein Glücksjunkie. Jedes „Nein“ bedeutet einen endlosen Kampf mit mir selbst, weil der Körper den Kick ja trotzdem möchte, trotzdem braucht. Wenn er diesen dann aber nicht bekommt, ja dann wird es uncool, dann fangen nämlich die Entzugserscheinungen an. Da läuft das volle Programm von Gereiztheit, über Depressionen bis hin zu Fressattacken und dieses ständige Drehen der Gedanken um diese eine Sache, diesen einen Typen, dieses eine Erlebnis. Immer und immer wieder spielt mein Kopf mir vor, wie es wäre, wenn ich doch nachgeben würde. Ich kann es sehen aber ich kann es nicht fühlen. Diese Leere ist manchmal unerträglich. Es macht die Situation noch schwerer als sie eh schon ist. Diese ständige Verlangen nach dem Gefühl. Dieses ständige Verlangen nach einer neuen Dosis.

Ich muss gestehen ich schaff es noch nicht immer „Nein“ zu sagen. Oft, aber bei Weitem nicht immer. Ich muss auch gestehen dass ich von den Situationen, in denen ich es schaffe „Nein“ zu sagen, nochmal mindestens ein Viertel davon, mein Verlangen zu etwas anderem verlagere. Dass ich mir in den Momenten andere Ziele suche um meine Sucht auszuleben. Einmal Erfolgreich, einmal weniger erfolgreich. Ab und zu schaffe ich es auch tagelang nicht den Gelüsten nachzugeben und irgendwann tue ich es dann doch.

Aber all diese Sachen, all diese Versuche und Fehlschläge sind okay. Jeder Sieg und jedes Scheitern ist in Ordnung, denn ich bin erst seit Kurzem am Lernen und ich werde besser darin werden. Ich werde irgendwann den Dreh raus haben und mein Leben wirklich bewusst im Griff haben. Auch wenn bis dahin der Weg noch weit scheint, ich habe nicht vor aufzugeben. Niemals.

2 Antworten

  1. […] mich als „Kranke“ ist es nochmal schwerer. Aber ich weiß es wenigstens. Ich kann dagegen arbeiten. Ich kann mit mir […]

  2. […] denke dass jeder Verlust für mich so tragisch ist, weil ich ja nicht nur Glück und Liebe zwanzig Mal so intensiv fühle wie ihr. Ich empfinde alle Gefühle so hoch. Noch dazu kommt, dass ich mich sehr schnell an Dinge, […]

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